Wenn eine Person bewusstlos ist und nicht oder nicht normal atmet, muss eine Reanimation durchgeführt werden. Dabei zählt jede Sekunde, denn die Überlebenschancen der betroffenen Person sinken kontinuierlich. Die Telefonreanimation, kurz T-CPR, stellt eine effiziente technische Hilfestellung zur Durchführung einer Reanimation dar. Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigten bereits, dass die Anzahl an Laienhelfer:innen durch den Einsatz einer T-CPR anstieg, sowie die Überlebensrate von Patient:innen signifikant verbessert werden konnte. Daher wird die Telefonreanimation in den Leitlinien des European Resuscitation Council (ERC) ausdrücklich empfohlen.
Was ist eine Telefonreanimation?
Im Jahr 2010 wurde erstmalig in den Leitlinien zur kardiopulmonalen Reanimation der Einsatz einer Telefonreanimation empfohlen. Die Telefonreanimation wird auch als T-CPR bezeichnet. Darunter ist eine standardisierte Reanimationsanleitung über ein Notrufgespräch zu verstehen, welche von Leitstellendisponent:innen durchgeführt werden. Im Falle eines (vermuteten) Herz-Kreislauf-Stillstandes kann der Ersthelfende oder eine umstehende Person telefonisch per Notruf eine/n Leitstellendisponent:in Kontaktieren, welche/r eine telefonische Anleitung zur Anleitung und Durchführung einer Reanimation gibt. Zudem wird gleichzeitig der nächstgelegene Notarzt sowie ein Rettungswagen durch die Leitstelle disponiert. Das Ziel einer T-CPR ist es, den Therapie-freien Intervall bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes zu verkürzen.
Was für einen Nutzen hat eine Telefonreanimation?
Die Empfehlungen zur Durchführung der Reanimation basieren aus Erkenntnissen, welche aus wissenschaftlichen Studien gewonnen werden konnten. Diese Erkenntnisse zeigten, dass die Anzahl an Laienersthelfer:innen durch den Einsatz einer T-CPR anstieg, sowie die Überlebensrate von Patient:innen signifikant verbessert werden konnte. Dies sind erstrebenswerte Ziele im Bereich der Laienreanimation, denn die Laienreanimationsquote in Deutschland fällt im Vergleich zu anderen europäischen Ländern sehr niedrig aus. Dementsprechend niedrig fällt die Überlebensquote von Personen aus, die einen Herz-Kreislauf-Stillstand erleiden. Der Hauptgrund, warum umstehende Personen, die Zeuge eines Herz-Kreislauf-Stillstandes werden, nicht eingreifen ist die Schwierigkeit, einen Herzstillstand zu erkennen. Eine weitere Befürchtung der Zeug:innen besteht darin, der betroffenen Person durch ihr Handeln Schaden zuzufügen. Diese Befürchtung konnte jedoch vom ERC ausgeräumt werden. Die Telefonreanimation kann Ersthelfenden daher eine gute Hilfestellung bieten und sie zu einer Reanimation motivieren.
In den aktuellen Leitlinien des European Resuscitation Council (ERC) von 2021 wird empfohlen, dass die Leitstellen über Systeme verfügen, welche sicherstellen sollen, dass der/die Leitstellendisponent:in Anweisungen für eine Reanimation bei Personen geben kann, welche nicht reagieren und keine normale Atmung aufweisen.
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Wie und wo entstand die Telefonreanimation?
Bayern war das erste Bundesland in Deutschland, in welchem die T-CPR in den Leitlinien zur kardiopulmonalen Reanimation eingeführt wurde. Zudem wurde eine Arbeitsgruppe gegründet, dessen Mitglieder unter anderem Leitstellenbetreiber:innen, sowie Vertreter:innen der ÄLRD (Ärztlicher Leiter Rettungsdienst Bayern), der Leitstelle SFSG (Staatliche Feuerwehrschule Geretsried) und des INM (Instituts für Notfallmedizin und Medizinmanagement) sind. Diese Arbeitsgruppe entwickelte einen Algorithmus zur T-CPR auf Basis der Leitlinien des ERC und relevanter Literatur. Der Algorithmus dient dem/der Leitstellendisponent:in dabei als Hilfsmittel zur Unterstützung und besteht aus sechs verschiedenen Modulen.
Wie wird bei einer Telefonreanimation vorgegangen?
Kontaktiert der Erst helfende telefonisch eine Leitstelle, orientiert sich der/der Leitstellendisponent:in an dem von der Arbeitsgruppe entwickelten Algorithmus, sowie an einer Checkliste. Der Algorithmus enthält unter anderem Formulierungen, die zur Erkennung einer bewusstlosen Person bzw. einer nicht normalen Atmung angewendet wird. Ein weiterer Schwerpunkt des Algorithmus ist eine Anleitung zur Durchführung und Nachbereitung einer Herzdruckmassage.
Bei einem Verdacht auf eine reanimationspflichtige Person steigt der/die Disponenten:in frühzeitig in den Algorithmus ein und leitet den Einsatz anschließend an einen Kollegen oder eine Kollegin weiter, welche/r den Rettungsdienst auf den Weg schickt. Anschließend wird geprüft, ob der Ersthelfende sicher ist und anschließend Hilfe zur Durchführung einer Reanimation angeboten. Nachdem der Ersthelfende das Telefon auf „laut“ gestellt hat, wird dieser angeleitet, die Bewusstlosigkeit der betroffenen Person durch Ansprechen und Anfassen zu prüfen. Liegt eine Bewusstlosigkeit vor, wird der Ersthelfende dazu aufgefordert, die Atmung der betroffenen Person zu überprüfen. Atmet diese normal, sollte sie in die stabile Seitenlage gebracht werden. Liegt jedoch eine Schnappatmung oder ein Atemstillstand vor, ist eine Reanimation erforderlich.
Das zentrale Ziel der T-CPR ist eine Hilfestellung für die Durchführung einer Herzdruckmassage. Wenn die betroffene Person nicht reagiert und nicht normal atmet, sollte dem Ersthelfenden zudem empfohlen werden, lediglich eine Thoraxkompression durchzuführen. Dazu gibt der/die Disponenten:in Anweisungen zur Positionierung der Hände, zum Druckpunkt, sowie zur Durchführung der Kompressionen. Des Weiteren informiert der/die Disponenten:in den Erst helfenden hinsichtlich der Tiefe, Frequenz und der Entlastung der Thoraxkompression. Die Herzdruckmassage sollte so lange durchgeführt und nicht unterbrochen werden, bis das Rettungsteam eintrifft. Der Algorithmus enthält außerdem Formulierungen für den/die Disponenten:in, die dabei helfen sollen, den Erst helfenden weiterhin zu motivieren.
Auch die Nachbereitung einer Reanimation ist Teil des Prozesses. Dabei hält der/die Disponenten:in eine Rücksprache mit den Rettungskräften, welche vor Ort waren. Ziel dieser Rücksprache ist es unter anderem, festzustellen, ob der Erst helfende eine psychische Betreuung benötigt, welche zum Beispiel von einem Kriseninterventionsteam oder einer psychosozialen Akuthilfe übernommen werden kann. Auch die psychische Belastung des/der Leitstellendisponent:in sollte beachtet werden. Daher haben diese auch ein Anrecht auf eine psychische Betreuung, falls erforderlich. Abschließend erfolgt eine Dokumentation sowie eine Evaluation des Falles.
Welche Rolle spielt ein Automatisierter Externer Defibrillator (AED) bei einer Telefonreanimation?
Ist die betroffene Person bewusstlos und atmet nicht oder nicht normal, ist eine Reanimation erforderlich. Besteht die Chance, dass sich einen Defibrillator (AED) in unmittelbarer Nähe befindet, wird der Ersthelfende dazu aufgefordert, sich diesen von einer zweiten Person bringen zu lassen. Die Leitstellen können zudem bei der Suche nach einem nahen AED helfen, da diese AED-Standorte erfassen. Dabei ist es besonders wichtig, dass der Ersthelfende die betroffene Person nicht verlässt. Konnte ein AED von einer weiteren Person geholt werden, wird der Ersthelfende aufgefordert, diesen anzuschalten und dessen Anweisungen zu folgen.
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Literatur:
Ärztlicher Leiter Rettungsdienst Deutschland e.V.: Empfehlungen des Bundesverbandes der ÄLRD zur Durchführung der Telefonreanimation durch Disponenten der Leitstellen für den Rettungsdienst.
Bayerisches Rotes Kreuz (2021): Telefonreanimation. Verfügbar unter https://www.rettungsdienst.brk.de/unsere-leitstellen/wissenswertes/telefonreanimation.html
German Resuscitation Council (2021): Reanimation 2021. Leitlinien Kompakt. Verfügbar unter https://nerdfallmedizin.blog/2021/03/25/neue-reanimationsleitlinien-2021-erc/
Groschak, A. (2013): Telefonreanimation in Bayern: Die Leitstelle als Lebensretter. BOS-LEITSTELLE AKTUELL, 3, S. 132-137.
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Bild von Markus Spiske auf Pixabay